Ab 2027 Pflicht: Was temperaturabgesenkter Asphalt für die Branche bedeutet
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Temperaturabgesenkter Asphalt – auch Niedrigtemperaturasphalt - ist längst kein Zukunftsthema mehr – er ist Realität. Und er wird zur Pflicht: Ab dem 1. Januar 2027 darf in Deutschland klassischer Walzasphalt nicht mehr ohne weitere Maßnahmen eingebaut werden. Die Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes für Bitumendämpfe ist dann verbindlich – und die Branche steht unter Zugzwang.
Inhaltsverzeichnis:
- Warum das Ganze? - Der gesundheitliche Hintergrund
- Was sind temperaturabgesenkte Asphalte?
- Gesetzlicher Hintergrund: Was gilt ab 2027?
- Warum klassischer Asphalt problematisch wird - das STOP-Prinzip im Fokus
- Was bedeutet das für Unternehmen und Auftraggeber?
- Was jetzt zu tun ist
- FAQ: Häufige Fragen zu temperaturabgesenkten Asphalten
Warum das Ganze? – Der gesundheitliche Hintergrund
Beim Einbau von Heißasphalt entstehen Dämpfe und Aerosole,
die Bitumenkondensate enthalten. Diese sind nicht nur unangenehm im Geruch –
sie gelten als potenziell gesundheitsschädlich, insbesondere bei langer
oder intensiver Exposition. Um die Gesundheit der Mitarbeitenden langfristig zu
schützen, wurde deshalb ein Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) eingeführt:
➡️
Maximal 1,5 mg/m³ Luft Bitumenkondensat dürfen eingeatmet werden. (Mittelwert
über 8 Stunden).
Was genau sich ändert, warum Unternehmen jetzt handeln sollten und welche konkreten Auswirkungen das auf Planung, Einbau und Ausschreibung hat, erfährst du in diesem Beitrag.
Was sind temperaturabgesenkte Asphalte?
Temperaturabgesenkte Asphalte sind Mischgüter, bei denen die Einbautemperatur um mindestens 20 °C gegenüber klassischem Heißmischgut abgesenkt ist. Möglich wird das durch spezielle Additive oder technologische Verfahren, die dafür sorgen, dass Asphalt bei geringeren Temperaturen verarbeitbar bleibt.
Laut Definition der European Asphalt Pavement Association (EAPA) spricht man ab ca. 130–140 °C von Warmmischgut. In der Praxis bedeutet das: weniger Emissionen, besserer Arbeitsschutz – aber auch neue technische Anforderungen an Einbau und Logistik.
Gesetzlicher Hintergrund: Was gilt ab 2027?
Der zentrale Auslöser für die Veränderung ist der oben genannte Arbeitsplatzgrenzwert für Bitumenkondensate:
- Bereits seit 2019 gilt ein Grenzwert von 1,5 mg/m³ Luft.
- Dieser Wert wurde bislang mehrfach ausgesetzt – zuletzt für Walzasphalte bis 31.12.2026.
- Ab dem 01.01.2027 ist Schluss mit Ausnahmen.
- Wer dann Asphalt einbaut, muss unter dem Grenzwert bleiben
- Auch die überarbeiteten Regelwerke ZTV Asphalt-StB und TL Asphalt-StB befinden sich in der Finalisierung. Ihre Veröffentlichung wird für 2026 erwartet. Spätestens dann ist klar: Der Umstieg ist nicht nur sinnvoll, sondern verpflichtend.
Warum klassischer Asphalt problematisch wird – das STOP-Prinzip
Um Gefährdungen durch Gefahrstoffe zu minimieren, schreibt
der Arbeitsschutz das sogenannte STOP-Prinzip vor. Es legt eine Reihenfolge
von Maßnahmen fest – von der wirksamsten bis zur am wenigsten bevorzugten.
Für die Asphaltverarbeitung sieht das so aus:
- S - Substitution: Ersatz des Gefahrstoffs
Bewertung: Bitumen ist aktuell nicht ersetzbar. Forschungsansäte (z. B. Lignin) sind nicht praxistauglich. - T - Technische Maßnahmen: z. B. Absaugung an Maschinen
Bewertung: Fertiger mit Dampfabsaugung existieren, bringen aber allein keine Grenzwerteinhaltung - O - Organisatorische Maßnahmen: z. B. Personalrotation
Bewertung: In der Praxis kaum umsetzbar, wegen Fachkräftemangel und spezifischer Rollen. - P - Persönliche Schutzausrüstung: z. B. Atemschutzmasken
Bewertung: Letzte Stufe - unpraktisch, imagekritisch (schadet dem öffentlichen Vertrauen), schwer durchführbar bei Hitze.
👉 Fazit: Niedrigtemperaturasphalt in Kombination mit der Absaugung am Fertiger sind die einzige praxisnahe, technisch und gesellschaftlich akzeptierte Lösung, um den Grenzwert flächendeckend einzuhalten.
Was bedeutet das für Unternehmen und Auftraggeber?
Der Druck auf Bauunternehmen, Mischwerke und öffentliche Auftraggeber steigt. Die Folgen:
- Planung neu denken: Welche Technologien und Additive kommen infrage? Wie verändert sich die Logistik?
- Einbauprozesse anpassen: Verdichtungsfenster verkleinern sich, Silolagerung muss neu bewertet werden.
- Ausschreibungen umstellen: Öffentliche Aufträge werden sich zunehmend auf TA-Asphalte ausrichten – wer vorbereitet ist, gewinnt.
Was jetzt zu tun ist
Viele Unternehmen wiegen sich noch in Sicherheit. Doch realistisch bleiben maximal zwei Bausaisons, um neue Verfahren zu testen, Mitarbeiter zu schulen und Produkte auszuwählen. Wer 2025 klug nutzt, verschafft sich einen Vorsprung:
- Erste Pilotprojekte starten
- Additive testen & dokumentieren
- Mitarbeitende einbeziehen & sensibilisieren
- Austausch mit allen Beteiligten suchen
👉 Technische Details und Einbauhinweise findest du in unserem zweiten Beitrag zu Niedrigtemperaturasphalt: So gelingt der Umstieg auf temperaturabgesenkte Asphalte: Technologien & Einbaupraxis
FAQ: Häufige Fragen zu temperaturabgesenkten Asphalten
1. Gilt die Verpflichtung ab 2027 wirklich für alle?
Ja. Die Übergangsfrist endet am 31.12.2026. Ab dem 1. Januar 2027 müssen alle Asphaltarbeiten den Arbeitsplatzgrenzwert von 1,5 mg/m³ Bitumenkondensat einhalten – ohne Ausnahmen.
2. Können wir das Problem nicht einfach mit Absaugtechnik lösen?
Nicht vollständig. Technische Maßnahmen wie Absaugungen am Fertiger helfen, aber sie reichen allein nicht aus, um den Grenzwert zuverlässig zu unterschreiten – vor allem unter realen Baustellenbedingungen.
3. Was ist an Niedrigtemperaturasphalt eigentlich anders?
Er wird bei mindestens 20 °C geringerer Temperatur verarbeitet. Dafür kommen spezielle Additive zum Einsatz. Das verändert unter anderem die Verdichtungszeit, die Logistik und teilweise den Einbauprozess.
4. Was passiert, wenn wir nichts ändern und einfach weitermachen wie bisher?
Prüfungen durch Behörden oder Auftraggeber können zur Beanstandung führen, wenn Grenzwerte nicht eingehalten werden. Insbesondere bei öffentlichen Aufträgen.
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